In der Nachbarschaft der Großeltern leben kleine Ponys, die wir jederzeit besuchen dürfen. Kaum packen wir unsere sieben Sachen und machen uns auf den Weg zu Oma und Opa, plant meine große Tochter schon den ersten Besuch bei ihren Lieblingen.
Seit gut einem Jahr gibt es die Pferde auf dem Nachbarshof und seit dem sind wir bei jedem Zusammenkommen mit den Großeltern auch bei ihren neuen Lieblingstieren. Zu Beginn war das noch eine zaghafte, ehr ängstliche Begegnung, bei der man lieber vom Arm aus die Vierbeiner beobachtet hat. Nach ein paar Wochen und Monaten begannen die ersten Gespräche. Die Besitzerin erklärte meiner Tochter, dass Pferde Fluchttiere sind und man nur die Arme nach oben heben muss, damit sie einem nicht zu nahe kommen. Mit diesem Werkzeug ausgerüstet, schien meine große Tochter langsam Mut zu fassen und begann nun auch alleine zu streicheln und Futter zu geben.
Bei unserem letzten Besuch haben wir am frühen Sonntagmorgen als erstes einen Gang zu den Ponys unternommen. Dabei bot sich ein derart friedliches und entspanntes Bild. Die Pferde grasten und wanten sich uns bei unserem Kommen zu. Gemütlich fraßen sie unsere mitbgebrachten Schalen und gingen dann wieder ihrer Wege. Da das Wetter zu einem schönen Spaziergang einlud, nutzen wir die Gelegenheit eine größere Tour zu laufen. Ausgestattet mit einem Rucksack, war mein Töchterchen nicht von der Idee abzubringen besonders gutes Futter für ihre Lieblinge zu finden. Dabei erklärte sie uns genau, was den Pferden bekommt und welche Pflanzen wir meiden müssen. Das hat mich schon sehr erstaunt, wie gut sie der Nachbarin zugehört hatte und bewusst das Futter selektierte.
Nach unserer Rückkehr wagten wir einen Gang mitten auf die Koppel. Schließlich wollten wir das frische Futter direkt übergeben und vielleicht auch ein paar Streicheleinheiten loswerden.
Faszinierend dabei war die Körperhaltung meines Kindes. Zuerst stand sie dicht an mich gedrängt und gab den Pferden ihr Futter.
Mit jeder Minuten, die wir länger auf der Weide verbrachten, näherte sie sich ganz selbstständig den Tieren, streichelte sie und sprach mit ihnen. Besonders beeindruckend war für mich die Reaktion der Pferde.
Das kleine Pony, ein etwas wilderes Pferdchen, kam immer näher und suchte augenscheinlich ihre Nähe. Nach einer Weile waren die Beiden so nah, dass sie sich richtig in die Augen schauen konnten. Dabei entstand eine ganz vertraute Athmosphäre zwischen den Beiden und meine Tochter scheute diese Nähe kein bisschen. Auch das Pferdchen schien die Verbindung zu genießen und lies sich streicheln und hörte mit aufmerksamen Ohren zu, was sie ihm zu erzählen hatte.
Doch welche Bedeutung haben Begegnungen zwischen Mensch und Tier?
Tiere haben schon seit Urzeiten eine besondere Bedeutung für Kinder. Früher ist der Nachwuchs auf Bauernhöfen in der unmittelbaren Umgebung von Tieren aufgewachsen.
"Im Tier kann der Mensch dem „Anderssein“ begegnen, kann seine Ferne oder Entfremdung von der Natur durch die Nähe zur unverstellten Triebnatur des Tieres punktuell aufheben." (vgl. Prof. Dr. Gebhard, www.uni-hamburg.de)
Prof. Dr. Ulrich Gebhard von der Universität Hamburg ist der Meinung, dass Kinder mit einer engen Bindung an Tiere u.a. höhere Empathiewerte vorweisen. Kinder, die mit Tieren aufwachsen, lernen schnell die Signale der Lebewesen zu deuten und stellen sich ohne Kommunikation darauf ein.
Häufig werden gerade Tiere auch zu Vertrauten und helfen über Kummer und Sorgen hinweg. Inzwischen gibt es einige Studien zur Auswirkung des Kontaktes von Kind und Tier. So soll beim Kontakt mit Tieren der Stresspegel sinken und eine innere Ruhe einkehren.
Das geschieht deswegen, weil beim Streicheln von Tieren das "Kuschelhormon" Oxytocin ausgeschüttet wird. Aus diesem Grund setzt man Tiere auch in der Theraphien mit Kindern ein. Besonders wirksam ist es auch bei Hyperaktivität.
Durch den Umgang mit Tieren werden die Sinne geschärft und die Selbstwahrnehmung geschult. Je vertrauter der Umgang mit Tieren wird, desto höher wird auch das Selbstwertgefühl.
Es ist nicht immer notwenig ein eigenes Tier zu halten. Doch der Besuch bei Nachbarn mit Tieren oder einem Bauernhof, wo man ein bisschen verweilen und beobachten kann, gibt Kindern sehr viel.
Auch für uns Erwachsene kann eine Zeit bei Vierbeinern zu wahren Stresskillern werden.
Das kann man bspw. dann feststellen, wenn man sich einmal bewusst vor eine Herde grasender Schafe, Kühe oder Pferde setzt und diese beobachtet. Schnell lässt das Gedankenkarusell nach und wir fühlen uns nach solch einem Besuch in der Natur erfrischt und erholt.
Quellen:
https://www.uni-hamburg.de/newsroom/forschung/2017-25-10-tierisch-gut-rvl.html
Comentarios